Modag, Motorenfabrik Darmstadt
Im Jahr 1902 richtete der Ingenieur AUGUST KOCH in Darmstadt eine Werkstatt ein, in der er Molkereimaschinen herstellte. Etwa zehn Arbeiter fanden hier ihre Beschäftigung. Aber bald zeigte sich, daß der Absatz nicht genügte, um das Unternehmen am Leben zu erhalten, und so verband sich KOCH mit dem Schlossermeister GRÄB, der in Darmstadt eine Werkstatt für die Reparatur von Motoren unterhielt; gemeinsam wollten sie Gasmotoren bauen. Die neue Firma nannte sich "Molkereimaschinen- und Motorenfabrik Koch & Gräb. Man stellte kleine liegende Gasmaschinen in der damals üblichen Bauart her. 1904 konnte man vier verschiedene Typen anbieten, die größte mit 10 PSLeistung.
Die Konjunktur war günstig; bald mußten die Werkstätten vergrößert werden. Durch Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung wurde das erforerliche Kapital beschafft. Die bebaute Fläche wurde auf 1200 qm vergrößert; die Belegschaft wuchs auf 50 Arbeiter an.
Im Jahr 1905 nahm KOCH die Fabrikation von Sauggasmotoren und Sauggasgeneratoren auf; schon der erste Motor hatte die beachtliche Leistung von 70 PS. Wieder wurde es notwendig, das Kapital zu vergrößern. Jetzt war es der Kaufmann FRIEDRICH MAY, der die erforderlichen Mittel beschaffte. Er war am 1. August 1906 als Gesellschafter eingetreten; drei Wochen später, am 20. August 1906, gründete er gemeinsam mit AUGUST KOCH und drei Aktionären die ,,MODAAG, Motorenfabrik Darmstadt A.G. KOCH und MAY bildeten den Vorstand; GRÄB blieb als Meister im Werk. KOCH schied 1907 aus, und MAY führte seitdem das Werk allein. Bis zu seinem Tod im Jahr 1939 hat er die Geschicke der MODAAG geleitet und ihr durch Tatkraft und Umsicht einen geachteten Platz unter den deutschen Motorenfirmen verschafft.
Die aus der Zeit vor 1914 erhaltenen Akten geben ein Bild von der Entwicklung des Motorenbaues der MODAAG. Die ersten Viertakt-Gasmotoren von 1903, in der damals vorherrschenden liegenden Bauart, arbeiteten noch mit der Glührohrzündung. Sie verfügten auch nicht über die weit verbreitete seitliche Steuerwelle, sondern betätigten die Ventile über lange Kipphebel von der parallal unter der Kurbelwelle laufenden Nockenwelle. Da man an die Gleichförmigkeit der Umdrehungen keine großen Anforderungen stellte, genügte eine Aussetzerregelung. Als mit den Jahren die Motoren in steigendem Umfang zum Antrieb von Dynamomaschinen verwendet wurden, die Strom von möglichst gleichmäßiger Spannung liefern sollten, versah man sie mit einem Fliehkraftregler, der einen das Einlaßventil verstellenden Schrägnocken steuerte. Etwa 1904 ging man von der Glührohr- zur Abreißzündung über.
Von 1905 an wurden auch Sauggasmotoren und Sauggasgeneratoren gebaut, und zwar gleich für verhältnismäßig große Zylinderleistungen. Während man sich bis dahin bei den Gas- und Benzinmotoren auf Zylindergrößen von 25 PS beschränkt hatte, begann die MODAAG bei den Sauggasmotoren mit einem Zylinder von 70 PS, der 400 mm Durchmesser und 6oo mm Hub hatte. Ein Motor dieser Größe, der in jener Zeit an eine Heidelberger Firma geliefert wurde, hat bis in die 60er Jahre seinen Dienst verrichtet, ein Beleg für die solide Arbeit, die in der kleinen Firma geleistet wurde.
Prospekt für MODAAG Stella A Gasmotoren (bitte anklicken)
1908 übernahm die MODAAG den Verkauf der von der englischen Firma Hornsby gebauten Glühkopfmotoren, fing dann aber auch bald an, selbst Glühkopfmotoren herzustellen, wozu sie die Rechte von der Solos-Motoren-Geselischaft erwarb. Diese Gesellschaft hatte nach den Plänen von SÖHNLEIN einen Zweitakt-Glühkopfmotor mit Kurbelkammerspülung einfachster Bauart entwickelt. Es wurden mehr als 200 dieser Motoren gebaut; dann gab man die Fabrikation auf, weil der Brennstoffverbrauch mit 400 g/PSh nicht mehr den erhöhten Anforderungen entsprach, die man mit der fortschreitenden Entwicklung an die Motoren stellte.
Modaag-Glühkopfmotor
Glühkopfmotoren - Prospekt von 1912
In einem Prospekt aus dem Jahr 1912 wird zum erstenmal erwähnt, daß die MODAAG auch "Gleichdruckmotoren System Diesel für alle Arten Rohöl und Teeröl liefere. Es waren liegende Viertaktmotoren mit Einblaseluftkompressor, deren Aufbau sich nicht von dem damals üblichen unterschied. Bis zum Ausbruch des Krieges 1914 hatte man erst eine beschränkte Zahl Dieselmotoren geliefert; dann setzte der Krieg dieser Entwicklung ein vorläufiges Ende.
Nach dem ersten Weltkrieg machte die bald einsetzende Fertigung von kompressorlosen Dieselmotoren liegender Viertaktbauart umfangreiche Werkserweiterungen notwendig, die zu weiteren Vergrößerungen führten, als im Jahre 1925 ein stehender Zweitakt-Dieselmotor in das Fabrikationsprogramm aufgenommen wurde. Dieser Motor hat unter der Typenbezeichnung "RB sich durch seine Einfachheit und hohe Leistungsfähigkeit bei günstigem Brennstoffverbrauch in kurzer Zeit einen ausgezeichneten Ruf erworben, was in maßgebenden Fachkreisen vorbehaltlos anerkannt wurde. Diese Tatsache führte 1927 zu einem Interessengemeinschaftsvertrag mit der Krupp AG in Kiel und zur Vergebung von Baulizenzen nach Frankreich, Italien und Polen. Daraufhin wurden diese Motoren als "Bauart Krupp-MODAAG" verkauft. Die guten Erfahrungen und die rege Nachfrage nach dem RB-Typ als Antriebskraft für die verschiedensten Zwecke sowohl als Schiffsantrieb wie nicht zuletzt als Antrieb im Löffel- und Greiferbagger gestattete, die Fertigung ausschließlich auf Zweitaktmotoren einzustellen und brachte die Notwendigkeit weiterer Werkserweiterungen mit sich, die durch die seit 1937 bestehende Verbindung mit der Demag AG eine außerordentliche Förderung erfuhr.
Kurzzeitig, von 1942 bis 1947, vereinigten sich die Motorenfabrik Darmstadt und die Kämper AG Berlin-Marienfelde zu den Demag Motorenwerken AG, Berlin.
Die Schäden durch Kriegseinflüsse im zweiten Weltkrieg waren erheblich, doch blieb glücklicherweise der wesentlichste Teil des Maschinenparkes und der Einrichtungen erhalten. Zuerst wurden wieder die Zweitakt-Dieselmotoren der Baureihe RB 40 mit 1-5 Zylindern gebaut. Dann folgten aber bald größere Varianten und Weiterentwicklungen. Mittlerweile nannte sich die Firma "Modag, Motorenfabrik Darmstadt GmbH".
Die Weiterentwicklung der Zweitaktmotoren bestand zunächst darin, das bisher zur Zylinderspülung verwendete Schiebergebläse durch ein Rootsbeläse zu ersetzen. Das Schiebergebläse hatte nämlich die unangenehme Eigenschaft, bei fortgeschrittenem Verschleiss Ölnebel aus dem Kurbelgehäuse zu fördern. Es konnte vorkommen, dass der Motor dann nicht mehr abgestellt werden konnte, da er mit Ölnebel weiterlief.
Um das Bauprogramm nach unten zu erweitern, wurden sowohl die Syrlin-Kleinmotoren von Wachter & Rieger in München, als auch die Schleppermotoren der Primus-Traktorengesellschaft angeboten. Inwieweit diese Motoren auch wirklich bei der Modag hergestellt wurde, ist unklar.
Prospekt für den R2V 212 alias Primus 2D120
Eine weitere Vergrößerung des Bauprogramms des sich etwa ab 1956 als Modag-Demag präsentierenden Unternehmens kam durch Freikolben-Gaserzeuger hinzu. Sie wurden in Lizenz der französischen Firma SIGMA hergestellt. Diese Motoren waren Zweitakt-Gegenkolbenmotoren ohne Kurbelwelle. An beiden Kolben waren Kolben-Luftpumpen angebracht. Die so erzeugte Druckluft wurde dann mit Hilfe einer Turbine in mechanische Energie umgewandelt. Längerfristig hat sich das Prinzip aber nicht durchsetzen können.
Nachdem die Modag in den 60er Jahren vollständig durch den Demag-Konzern übernommen worden war, wurde der Betrieb 1973 vollständig stillgelegt. Die Gebäude wurden dann an die Maschinenfabrik Schenck, Darmstadt verkauft.
MODAAG Bauprogramm um 1926:
Type Zylinder Leistung [PS] Drehzahl [U/min] BauartD 3 n 1 12 550 Viertakt-Diesel, liegendD 4 n 1 18 500 Viertakt-Diesel, liegendD 5 n 1 24 450 Viertakt-Diesel, liegendD 6 n 1 30 400 Viertakt-Diesel, liegendD 7 1 35 330 Viertakt-Diesel, liegendD 8 1 45 320 Viertakt-Diesel, liegendD 9 1 60 200 Viertakt-Diesel, liegendD 11 1 80 190 Viertakt-Diesel, liegend
Type Zylinder Leistung [PS]bei Bauart 375 U/min400 U/min 500 U/min "Krupp-MODAAG"RB 21 1 10 20 25 Zweitakt-Diesel, stehendRB 22 2 36 40 50 Zweitakt-Diesel, stehendRB 23 3 55 60 75 Zweitakt-Diesel, stehendRB 24 4 75 80 100 Zweitakt-Diesel, stehend
Type Zylinder Leistung [PS] Drehzahl [U/min] BauartS 6 1 25 380 Viertakt-Otto Gasmotor, liegendS 7 1 35 350 Viertakt-Otto Gasmotor, liegendS 9 1 50 250 Viertakt-Otto Gasmotor, liegendS 10 1 70 240 Viertakt-Otto Gasmotor, liegendS 11 1 80 230 Viertakt-Otto Gasmotor, liegend