Gegenkolbenmotoren

Im der Dieselmotor normaler Bauart wird der Verbrennungsraum durch den Zylinderkopf, den Kolbenboden und eine Ringfläche der Zylinderwand begrenzt. Der Zylinderkopf und Zylinderwand sind stets gekühlt, der Kolben nur bei größeren Ausführungen. Durch den Zylinderkopf wird sehr viel Wärme in das Kühlwasser bzw. die Kühlluft übergeleitet, welche für die Arbeitsleistung verloren geht.

Der hohe Druck auf den Zylinderkopf wirkt sich nicht allein auf den Kurbeltrieb, sondern ganz besonders auf das Gehäuse (Zylinder und Kurbelgehäuse) und die Lager der Kurbelwelle aus. Sie müssen eine besonders kräftige Ausgestaltung erhalten. Der Zylinderkopf war infolge seiner Durchbrechungen für die Ventile und der notwendigen Hohlräume für das Kühlwasser besonders früher noch kein absolut betriebssicherer Maschinenteil. Die Betrachtung aller dieser Umstände brachte Professor Junkers auf den Gedanken, das von Oechelhäuser für Großgasmaschinen angewendete Gegenkolbenprinzip für den Aufbau einer Dieselmaschine zu benutzen.

Professor Junkers erkannte, daß es für die Arbeitsleistung des Dieselmmotors von größter Bedeutung sei, den Wärmeverlust im oberen Totpunkt, also bei vollendeter Verdichtung und bei Beginn der Verbrennung und Expansion, auf das geringste Maß zu beschränken, weil sonst die Wirkung dieser Wärmemenge für den ganzen Arbeitshub verloren geht (Abb. 113).

Da die Wärmeabgabe mit der Größe der gekühlten Oberfläche zunimmt, kommt es zur Verringerung des Wärmeverlustes darauf an, dem Verbrennungsraum so zu gestalten, daß seine Oberfläche möglichst klein wird. In einer Gegenkolbenmaschine arbeiten in einem Zylinder zwei Kolben immer in entgegengesetzter Bewegungsrichtung, d. h. beim einen Hub laufen sie zusammen (Verdichtung), beim anderen auseinander (Arbeitshub). Die normale Maschine mit Zylinderkopf bedarf auch zwei solcher Kolben für dieselbe Arbeitsleistung, also zweier Zylinder. Als abkühlende Flächen sind in ihr vorhanden: zwei Zylinderköpfe, zwei Kolbenböden und zwei schmale Zylinderringflächen. Davon leiten die immer gekühlten Zylinderköpfe am meisten Wärme ab.

Beim Gegenkolbenmmotor sind als auskühlende Flächen vorhanden: zwei Kolbenböden und eine Zylinderringfläche, die der Größe der Ringflächen in der Zweizylinder-Normalmaschine entspricht. Die auskühlende Fläche verringert sich. in der Gegenkolbenmaschine also um die beiden Deckelböden und in der Auswirkung der Abkühlung auf weniger als die Hälfte!

Da die Gegenkolbenmaschine keine Zylinderköpfe hat, der eine Kolben nach oben zieht, der andere nach unten drückt, so werden die Kolbendrücke nur durch das
Gestänge übertragen und auf die Kurbelwelle lediglich drehend, d. h. sie schwebt gewissermaßen in ihrer Lagern und drückt nur mit ihrem Eigengewicht nach unten. Das Maschinengestell wird von den großen Zugkräften fast vollständig entlastet. Der Zylinder ist eine offene Röhre, in welcher die Kolben frei arbeiten (Abb. 114).

Der Gegenkolbenmotor arbeitet mit Gleichstromspülung. Die Gleichstomspülung gilt als das beste Spülverfahren für Zweitaktmotoren. Diese vollkommene Spülung läßt eine spezifisch hohe Belastung der Maschine zu bei vollkommener Verbrennung, die durch die Drehung der Luft eine wesentliche Unterstützung findet.

Die Gegenkolbenmaschine bildet eine Zwischenart zwischen der normalen einfach- und der doppeitwirkenden Maschine. Aus demselben Zylinderdurchmesser werden in einer Umdrehung zwei Arbeitstakte herausgeholt, wie in der doppeltwirkenden, da zwei Kolben zugleich Arbeitsperiode haben. Die Maschine kann daher auch zu den doppeltwikrkenden gerechnet werden.

Mit dem Gegenkolbenprinzip lassen sich hohe Literleistungen und ein geringes spezifisches Gewicht erreichen. So verwundert es kaum, dass der einzige wirklich erfolgreiche Diesel-Flugmotor ein Gegenkolbenmotor war. Allerdings hat der Gegenkolbenmotor mit dem Problem aller Zweitaktmotoren zu kämpfen: dem Ölauswurf durch die Auspuffschlitze, was ihm den Weg in den modernen Motorenbau wahrscheinlich dauerhaft verwehren wird.

Junkers Diesel-Flugmotor Jumo 205 (ab 1933)

 

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