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Ph. Swiderski, Leipzig  1892 - 1894 
Swiderski AG  1894 - ca. 1916 





Philipp Swiderski wurde 1836 in Leipzig als Sohn des Marienburger Kanzleirats Wilhelm Buguslaw Swiderski (∗1798, †1882) geboren. 1867 gehörte er dem preußischen Vorbereitungskommitee für die Weltausstellung 1867 in Paris an. Auf der Weltausstellung lernte er viele Neuheiten aus dem ausländischen Maschinenbau kennen. Er sah, wie er in seinem Lebensbericht schrieb, "was man in Deutschland noch nicht kannte, was aber im Ausland bereits in starkem Gebrach war. Es bezog sich auf Maschinen der Lederindustrie, auf die ich noch durch deutsche Fabrikanten besonders hingewiesen wurde, die mit mir die großen Pariser Dampfgerbereien besuchten."



Swiderski-Fabrik, Plagwitz
Ansicht des Fabrikgeländes
in der Zschocherschen Straße in Leipzig-Plagwitz

Noch im gleichen Jahr erwarb Swiderski eine Werkstatt in der Reudnitzer Straße in Leipzig, und begann mit dem Bau solcher Maschinen für die Lederindustrie. Er war mit diesen Maschinen zu seiner eigenen Verwunderung äußerst erfolgreich. Gleichzeitig nahm der die Herstellung Druckerpressen auf, für die das in Frankreich Gesehene ebenfalls die ersten Ideen lieferte. Im Jahr 1871 siedelte er mit seinem Unternehmen in die Talstraße über. Ab 1875 wurde in dieser Fabrik die Produktion von Dampfmaschinen aufgenommen, an deren Konstruktion Swiderski persönlich beteiligt war. 1880 wurde die Produktionspalette um Dampflokomobile erweitert. 1878 wurde Swiderskis Sohn Rudolf geboren, der als Schachspieler weltberühmt wurde.

Da das Firmengelände am alten Standort nicht erweiterbar war, baute Swiderski im Jahre 1888 im neuen Industriegebiet in Leipzig-Plagwitz an der Zschocherschen Straße 78 eine neue Fabrik im neogotischen Stil. 1892 wurde die Fabrik um ein Gießereigebäude erweitert.


Swiderski-Petroleummotor System Capitaine 2-Zylinder Swiderski-Petroleummotor System Capitaine
Swiderski-Petroleummotoren System Emil Capitaine

Im gleichen Jahr wurde die Produktion der Petroleummotoren nach Patenten des Ingenieurs Emil Capitaine aufgenommen. Diese Motoren besitzen einen sogenannten "Zerstäuber", der mit dem Verbrennungsraum in Verbindung steht. Er wird von außen mit Hilfe eines Petroleumbrenners rot glühend erhitzt. In den Zerstäuber wird mit einer kleinen Kolbenpumpe Petroleum eingespritzt. Der Zerstäuber dient dabei einerseits zum Verdampfen des Petroleums, andererseits als Glührohrzündung. Die Drehzahl wurde durch Aussetzerregelung begrenzt, daher konnte auf eine Regelung der Einspritzmenge verzichtet werden. Die Capitaine-Petroleummotoren wurden mit einem und zwei Zylindern stationär und für Bootsbetrieb gebaut.

Wieso Capitaine die Lizenz an Swiderski gegeben hat, ist mir nicht klar, weil die Capitaine-Motoren schon seit ca. 1888 von der Maschinenfabrik Grob & Co. im Stadtteil Eutritzsch gefertigt wurden. Grob baute danach auch weiter Motoren, auch Petroleummotoren, aber nach 1892 wurde der Zusatz "System Capitaine" bei Grob & Co. nicht mehr verwendet. War es zu einem Streit zwischen Emil Capitaine und der Firma Grob gekommen?







Anzeige der Fa. Meissner, Hamburg
Anzeige aus dem Jahre 1894

Dadurch, dass Capitaine seine Erfindungen mit Patenten geschützt hatte, konnte Swiderski die Motoren fertigen, ohne große Konkurrenz befürchten zu können. Die Motoren wurden auch über Vertriebspartner im Ausland verkauft. In Frankreich war dies die Firma "Louis Herlicq & Cie" aus Paris. Außerdem gab es Lizenzfertigungen, z. B. von der schwedischen Firma Davy Robertson aus Göteborg.

Ein wichtiger Vertriebspartner für die Capitaine-Petroleummotoren von Swiderski war auch die Firma Carl Meissner aus Hamburg, die die Motoren speziell für kleinere Boote massiv bewarb. Auch in der Fachpresse wurden die Swiderski Petroleum-Bootsmotoren, die Meissner verkaufte, öfters besprochen, so dass man von einer gewissen Verbreitung ausgehen kann.







Swiderski Balance-Motor Swiderski Spiritus-Motor(1903)
"Balance-Motor" (1896) Swiderski Spiritusmotor (1903)

Im Jahr 1894 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Philipp Swiderski war hier der Hauptaktionär. Im selben Jahr ließ sich Swiderski eine repräsentative Villa bauen. 1896 machte Swiderski Werbung für einen "Balance-Motor". Es handelte sich um einen Viertakt-Gegenkolben-Petroleummotor mit Schwinghebeltriebwerk. In der Anzeige erkennt man außerdem den markanten Petroleum-Verdampfer, der sich gegenüber dem stehenden Petroleummotor kaum geändert hat. Die aufwändige Konstruktion scheint sich aber nicht bewährt zu haben, weil sie weder in der Fachliteratur beschrieben wurde, noch einer dieser Motoren erhalten geblieben ist.

Um 1897 trat das Unternehmen unter dem Namen "Leipziger Dampfmaschinen- & Motorenfabrik vormals Ph. Swiderski" auf. Am 4. Januar 1900 wurde das Unternehmen unter dem neuen Namen "Maschinenbau-Aktiengesellschaft vorm. Ph. Swiderski" eingetragen. Es wurden weiterhin Motoren gefertigt, jetzt auch liegende Motoren und für den Betrieb mit Gas, Benzin und Spiritus.

1906 verstarb Philipp Swiderski. Um 1910 wurde der Bau von Zweitakt-Glühkopfmotoren aufgenommen, mit denen die Firma beim Antrieb von Fischerbooten einigermaßen erfolgreich im Geschäft war.





Swiderski Glühkopfmotor
Swiderski Zweizylinder Glühkopfmotor
mit Drehflügelschraube für Bootsbetrieb (um 1910)

Am 16. Oktober 1916 übernahm die „Industriewerke GmbH“ das Unternehmen. Ab jetzt konzentrierte man sich auf den Bau von Druckereipressen, der Motorenbau wurde vermutlich zur selben Zeit eingestellt. Zumindest habe ich nach dem 1. Weltkrieg keine weiteren Hinweise auf eine Motorenfertigung bei Swiderski mehr gefunden. Allerdings warben die Eisenacher Dixi-Werke Anfang der 20er Jahre für Glühkpfmotoren "Bauart Swiderski". Vermutlich wurde die Glühkopfmotoren-Fertigung nach der Firmenübernahme an die Dixi-Werke abgegeben. Außerdem wurden auch bei der Firma Borowski in Kolberg Glühkopfmotoren "System Swiderski" gefertigt.

Am 19. März 1921 übernahm das 1908 gegründete Unternehmen "Schröder, Spiess & Co." das Werk. Hergestellt wurden jetzt neben Druckmaschinen auch Falzmaschinen und Bogenanlegermaschinen. 1927 firmiert das Unternehmen unter dem Namen "Georg Spiess Maschinenfabrik". 1953 wurde es zum "VEB Bogenanlegerwerk" verstaatlicht. Im Zuge der Zusammenlegung verschiedener VEB Betriebe wurde das Werk ab dem 1. Januar 1960 als Betriebsteil III dem "VEB Druckmaschinenwerk Leipzig" zugeordnet, mit dem das Werksgelände heute noch in Verbindung gebracht wird. Nach der Wende wurde der Betrieb eingestellt und das Gelände kam unter die Verwaltung der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft mbH. Mitte der neunziger Jahre wurde es an die "Rübesam Verwaltungs-GmbH" verkauft. Das brach liegende Areal mit seinem morbiden Charme ist mittlerweile recht beliebt als "lost place", um dort künstlerische Fotos des Zerfalles zu machen. In den letzten Jahren drohte immer wieder der Abriss der mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Gebäude, die erheblichem Vandalismus ausgesetzt waren. Es bestehen aber Planungen, die ehemalige Fabrik zu einem Wohnkomplex umzubauen.





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