1899 - 1964

Die Motorenfabrik München-Sendung wurde 1899 von Otto Vollnhals gegründet. Im selben Jahr wurde mit der Herstellung liegender Verbrennungsmotoren in einer bescheidenen Werkstätte an der Forstenriederstraße in München begonnen. Der erste Motor war eine liegende Maschine mit Magnetzündung und Oberflächenvergaser für Benzin- und Leuchtgasbetrieb. Wenige Jahre später konnte der Bau von Sauggasmotoren (Gasmotoren mit eigener Holz-, Torf- oder Anthrazitvergaseranlage) angegliedert werden. Nach eingehenden Versuchen betrug laut Gutachten (1903) von Prof. Moritz Schröter (Technische Hochschule München) der Kohlenverbrauch nur 0,38 kg pro PS/Std., ein Verbrauch, der noch Jahre später als günstig bezeichnet werden konnte. Vier Jahre später konnte ein ausgedehntes Werk an der Gmunder Straße 14-16 bezogen werden. Die Fertigung hochwertiger Erzeugnisse führte zu einem raschen Aufschwung. Schon 8 Jahre nach der Gründung beschäftigte das Unternehmen über 200 Arbeiter.

Etwa im Jahre 1909 begann Kommerzienrat Otto Vollnhals mit seiner Pionierarbeit auf dem Gebiet des Motorpflugbaues und brachte um diese Zeit den ersten deutschen Ackerschlepper heraus. Eine dieser Maschinen wurde durch das Deutsche Museum gekauft, welches den Erwerb und die Aufstellung u a. wie folgt begründete:
"Wir halten diesen Typ für unser Museum von besonderem Interesse, weil er das erste deutsche unstarre System (Traktor) darstellt, das so bedeutungsvoll für die weitere Entwicklung dieser Maschinen geworden ist.“ Leider wurde dieser Sendling-Traktor im 2. Weltkrieg zerstört.


 
Prospekte der Sendling-Motoren Typ H und B
 

Für damalige Verhältnisse moderne Konstruktionen und gute die gute Qualität der Motoren bildeten die Grundlage für eine positive Absatzentwicklung und volle Auftragsbücher. Große Beachtung, besonders auch im Ausland, fand 1910 die Bauart G, 20-200 PS, ein Sauggasmaschine (für Holz- oder Anthrazikohlegas aus einem Gasgenerator). Diese Motoren wurden von der Sendlinger Motorenfabrik als  "von vorbildlicher Konstruktion und Formenschönheit" bezeichnet. Bei den Motoren mittlerer Leistung, wie den Typen H, W, R u.a. konnte infolge der starken Nachfrage schon um diese Zeit die Fertigung bis zu der damals beachtlichen Zahl von etwa 2000 Motoren jährlich gesteigert werden. Neben diesen Bauarten bedeutete um 1912 die Type S den Beginn der Entwicklung zum modernen Kleinmotor für Landwirtschaft und Gewerbe.

Die Kriegsjahre 1914-1918 waren fast ausschließlich weiteren Entwicklungsarbeiten für die Ackerschlepper gewidmet, die dann auf dem Lizenzwege auch von den Automobilwerken Benz A. G. Mannheim, als "Benz-Sendling“-Motorpflug mitgebaut wurden. Unter dem Namen ,,Benz-Sendling“ wurde 1925 der erste Fahrzeugdieselmotor herausgebracht worden. Dieser 2-Zylinder-Vorkammermotor leistete 27 PS bei 775 U/min und hatte einen Hubraum von 5730 ccm. Dem Benz-Sendling Dieselschlepper gebührt darüber hinaus die Ehre, noch von dem Diesel LKW und PKW, als das erste in Serie hergestellte Dieselfahrzeug der Welt in die Geschicht einzugehen

 
 
Sendling Vergasermotor aus der SVO-Baureihe
Um 1923 wurde mit der Baureihe SVO ein besonders preiswerter Kleinmotor für die Landwirtschaft geschaffen. Die Motorenfabrik München-Sendling hat sich in Folge schon 1925 als erste deutsche Motorenfabrik ausschließlich auf die Herstellung einer Grundtype in verschiedenen Größen spezialisiert. Dadurch konnte die nach Fließbandfertigungsmethoden eingerichtete Produktion 1928/29 bis zu 900 Motoren im Monat erreichen. Charakteristisch für die Motoren der SVO Baureihe war ihr etwas ungewöhlicher Aufbau: Die sehr kurze Nockenwelle befindet sich hinter dem linken Schwungrad und wird direkt von der Kurbelwelle über Zahnräder angetrieben. Von ihr aus werden die Ventile direkt, also ohne Stößelstangen, von langen Kipphebeln angetrieben, die unter dem Zylinder liegen. Die SVO Baureihe besteht aus den Motoren der Typen SA, SB, SC, SD, SE, SF, SG, SH, SJ, SK, SO und SU. Sie hatten Leistungen von 2-10 PS und waren verdampfungsgekühlt.
Sendling WS Vergasermotor (Prospektbild)
 
Sendling Benzin-Petroleum Motor aus der Baureihe WS
 

Im Laufe der Zeit wurden bedeutende Erweiterungen bei den Fabrikationsanlagen vorgenommen und 1927 das Werk II errichtet. Anfang der 30er Jahre wurden die SVO-Motoren durch die Baureihen WS und MS ersetzt. Charakteristisch für diese Baureihen war der kleine Zusatztank. Er diente dazu, den Motor mit Benzin warmfahren zu können. Wenn der Motor Betriebstemperatur erreicht hatte, konnte er dann auf das billigere Petroleum aus dem größeren Tank umgestellt werden. Die Baureihe MS war eine Drehzahl- und Leistungsreduzierte Version der Baureihe WS, was längere Lebensdauer speziell im Dauerbetrieb ermögliche sollte. Wahrscheinlich aufgrund des höheren Preises und Gewichtes wurde die Baureihe MS aber bald wieder aufgegeben. Die Baureihe WS hingegen wurde ein großer Erfolg.

1932 begann der Bau von kompressorlosen Dieselmotoren, welche in den folgenden Jahren ebenfalls in großen Serien am Fließband gefertigt wurden. Sie arbeiteten nach dem Acro-Luftspeicherverfahren (Typenreihe D).  Interessanter Weise wurde innerhalb weniger Jahre entweder der Acro-Außenspeicher (im Kopf), oder auch der  Innenspeicher (im Kolben) verbaut. Äußerlich ist dies an verschiedenen Lagen der Einspritzdüse im Zylinderkopf erkennbar.

1943/44 wude das Hauptwerk durch schwere Luftangriffe bis auf die Verwaltungsgebäude fast völlig zerstört. Infolge des großen Ausmaßes der Zerstörungen konnte die Wiederaufnahme der Produktion erst 1948 erfolgen. Um Kunden trotzdem beliefern zu können, wurden vorher anscheinend Güldner-Motoren mit Sendling Typenschild  verkauft. Es sind schon ein paar Güldner GW20 Motoren aufgetaucht, die ein Sendling-Typenschild und die Typenbezeichnug "DM 18" trage. Das erste  Fabrikationsprogramm nach dem Krieg 1949 umfaßte verdampfungsgekühlte Dieselmotoren von 5-15 PS, die jetzt nach dem Wirbelkammerverfahren arbeiteten (Typenreihe DM) und einen Vergasermotor (Typ WS 308). Die Dieselmotoren verschafften sich als "Sendling-Diesel" einen guten Namen. Ein Dieselschlepper mit dazugehörigem stehenden Motor von 15 PS kam kurz darauf hinzu.

Ab 1956 bereicherten moderne luftgekühlte Kleindieselmotoren das Bauprogramm. Der Kunde konnte zwischen Zweitakt- (Baureihe DL) und Viertaktdieselmotoren (Baureihe DSL/DLL) auswählen. Von den Viertaktdieselmotoren wurde auch eine 2-Zylinder-Ausführung gebaut.

Die "neuen" luftgekühlten Sendling-Diesel:

Type
Bauart

Leistung
Drehzahl
Hubraum
Baujahr
DL 107
1-Zylinder Zweitakt-Dieselmotor




ab 1961 ?
DL 207
1-Zylinder Zweitakt-Dieselmotor
stehend
4 PS
3000 1/min

ab 1962
DSL 108
1-Zylinder Viertakt-Dieselmotor
stehend
2-4 PS
1000-2000 1/min
353 ccm
ab 1956
DLL 108
1-Zylinder Viertakt-Dieselmotor
liegend
2-4 PS
1000-2000 1/min
353 ccm
ab 1956
DSL 208
1-Zylinder Viertakt-Dieselmotor
stehend

3000 1/min


DSL 209
1-Zylinder Viertakt-Dieselmotor
stehend

3000 1/min


DSL 111
1-Zylinder Viertakt-Dieselmotor
stehend
13 PS
3000 1/min


DS2L 111
2-Zylinder Viertakt-Dieselmotor
stehend
26 PS
3000 1/min


 

Anzeige aus der MTZ 1957

Die Stückzahlen dieser neuen Motoren blieben aber hinter den Erwartungen zurück, so dass Sendling 1964 die Produktion ganz einstellte. Diese neuen Sendling-Motoren wurden ab 1965 zusammen mit den Verdampfermotoren bei der Firma Motoren-Werk Hanns Häusler in Baierbrunn bei München gebaut. Wie lange sie dort noch weiter gebaut wurden, konnte ich bis jetzt nicht feststellen.

 
Prospekt der Firma Hanns Häusler
 


Bis zur Schließung der Motorenfabrik gab es ein Werksmuseum, in dem ein schöner Querschnitt durch die Sendling Motorenproduktion zu sehen war. Zur Ausstellung gehörten 11 Motoren der Baujahre 1904 bis 1956. Leider wurde dieses Museum nach der Schließung des Werkes aufgelöst. Zum indest einer dieser Motoren blieb erhalten und steht heute im Deutschen Museum in München.

 

 

 

 

 


 

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